Straße, Internet, Salon – (k)ein Raum für Debatten?

Szene aus dem Comic zur Ausstellung © Johanna Rech

Kyra Beninga, Asta-Vorsitzende der Goethe-Universität Frankfurt © IMPACT RheinMain

Maurice Conrad von Fridays for Future Mainz und Frankfurt © IMPACT RheinMain

Nachdem die Ausstellung „Die Salons der Republik“ im Deutschen Architekturmuseum (DAM) bis zum 29. August 2021 verlängert wurde, fand am Dienstag, den 13. Juli 2021, die letzte Veranstaltung des Begleitprogramms im Rahmen von DIALOG IM MUSEUM #12 statt. In den vergangenen Veranstaltungen haben bereits die Vertreterinnen und Vertreter der Politik die Studierendenentwürfe für neue Debattenräume auf der Vernissage gewürdigt und Initiator Prof. Holger Kleine konnte mit Wissenschaftlerinnen und Vertretern zivilgesellschaftlicher Organisationen auf der nachfolgenden Diskussionsveranstaltung über den Wandel der Debattenkultur sprechen. Diesmal nun diskutierte unter dem Titel „Straße, Internet, Salon – (k)ein Raum für Debatten?“ Dominik Hofmann vom Heimathafen in Wiesbaden online mit Studierenden der Hochschule RheinMain und Vertreterinnen und Vertretern der Jugendpolitik über die Teilnahme junger Menschen am politischen Diskurs.

Räume für Debatten

Zum Auftakt der Diskussion erläuterten beteiligte Studierende aus dem Projekt „Die Salons der Republik“ ihre Gedanken hinter ihren Entwürfen. So betonte Johanna Rech, dass mangelnde Raumgestaltung sicher einen Drang zur Debatte nicht unterdrücken könne, eine förderliche Gestaltung jedoch zu einer solchen anregen könne. Als Beispiel, wie unterschiedlich räumliche Situationen Gespräche beeinflussen können, kontrastierte Sie eine moderierte Veranstaltung in Versammlungsräumen, die zur Zurückhaltung mahne und das informelle, ungezwungene Gespräch wie es beim Sitzen auf einer Treppe zustande komme. Felix Jaeger ergänzte etwa den Kneipentisch als Gesprächsführer par excellence. Die Entwürfe verfolgen diese räumlichen Implikationen für unterschiedliche Gesprächssituationen und seien, so Felix Jaeger nicht als letztgültige Antworten auf Fragen nach der Teilhabe an Diskussionen zu betrachten, sondern als Vorschläge, die es weiter auszuarbeiten gelte. Dass es dafür nicht zwingend architektonischer Großprojekte bedürfe, warf Emily Buchholz ein, die für mehr Bänke und Tische im öffentlichen Raum plädierte, um so zur Vernetzung von Stadtteilen beizutragen.

Kommunalpolitik oder Aktivismus?

In der anschließenden Diskussion debattierten Kyra Beninga, Asta-Vorsitzende der Goethe-Universität Frankfurt, Maurice Conrad von Fridays for Future Mainz und Frankfurt sowie Robin Balzereit, der sich als stellvertretender Vorstand des Wiesbadener Jugendparlament engagiert, über die notwendige aber schwierige Integration, vom politischen Diskurs bisher ausgeschlossener Stimmen – nicht zuletzt die der Jugend – in Debatten einzubringen. Insbesondere der eklatante Rechtsruck, die Klimakrise, Rassismus, Sexismus und anderen Diskriminierungsformen ließen sich, so Beninga, nur durch politische Kämpfe und gesamtgesellschaftlich lösen. Dazu brauche es Debattenräume zum Zusammenkommen und um gemeinsam Lösungen zu finden.

Conrad stellte in Frage, ob die lautwerdenden Stimmen am etablierten Politikstil etwas änderten. Am Ende seien es immer dieselben Menschen, die sich an Debatten beteiligten, diejenigen, die das gesellschaftliche und intellektuelle Kapital dazu haben. Social Media ermögliche zwar große Aufmerksamkeit, siehe Fridays for Future, die gleichen Plattformen seien jedoch nicht geeignet Menschen aus unterschiedlichsten Milieus zu erreichen. In den architektonischen Entwürfen erkennt er eine Möglichkeit milieuübergreifend Menschen zu versammeln und so Bewegungen wie Fridays for Future ein größeres Sprachrohr zu geben.

Robin Balzereit, der sich als stellvertretender Vorstand des Wiesbadener Jugendparlaments engagiert, lobte die Größe der Entwürfe im Gegensatz zu den gewöhnlichen Nischen im öffentlichen Raum, wo Diskussion vielmehr an Rückzugsorten stattfinde. Aus der eigenen Erfahrung auf der politischen Bühne weist Balzereit auf die noch immer mangelnde Teilhabe der Jugend an politischen Beteiligungsprozessen hin.

Die Diskussion beleuchtete nicht nur die wechselseitige Notwendigkeit von Aktivismus und Kommunalpolitik, sondern brachte erhellende Einblicke in die praktische Arbeit beider Formen des gesellschaftlichen Engagements.

Die gesamte Diskussion ist in Kürze auf dem YouTube-Kanal der Hochschule RheinMain als Aufzeichnung verfügbar. Die Ausstellung „Die Salons der Republik“ ist noch bis zum 29. August 2021 im DAM zu sehen. Ein Katalog mit den gesammelten Entwürfen der Studierenden nebst begleitenden und erweiternden Essays ist im JOVIS-Verlag erschienen und ist im Museumsshop des DAM zum Vorzugspreis erhältlich.

Publikation im Museumsshop

Aufzeichnung der Ausstellungsvernissage

Aufzeichnung von „Dialog im Museum #12 Die Salons der Republik“