Ludwig Hohlwein fatal – genial

Plakat mit Hohlwein-Motiv © IMPACT RheinMain

Hans-Georg Böcher, Direktor des Verpackungsmuseums in Heidelberg und Kurator der Ausstellung © IMPACT RheinMain

Die Veranstaltung „Ludwig Hohlwein fatal – genial“ war eine Art Preview zu der noch nicht eröffneten Ausstellung im Stadtmuseum am Markt Wiesbaden (sam). Nach einer Einleitung durch die Direktorin des Museums und der Präsidentin der Hochschule RheinMain, Prof. Dr. Eva Waller, diskutierten Professoren aus drei verschiedenen Studiengängen der Hochschule gemeinsam mit dem Kurator der Ausstellung.

Hans-Georg Böcher ist Direktor des Verpackungsmuseums in Heidelberg und gab als Kurator der Ausstellung detaillierte und spannende Einblicke in das Leben und Wirken des Wiesbadener Künstlers Ludwig Hohlwein (1874 - 1949). Als Dozent für Designtheorie im Studiengang Kommunikationsdesign spielt Ludwig Hohlwein in den Veranstaltungen von Prof. Dr. Theo Steiner zur Designgeschichte eine Rolle. Denn insbesondere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde Reklame immer wichtiger und Hohlwein hat diese entscheidend mitgeprägt. Prof. Dr. Dennis Albert lehrt Marketing an der Wiesbaden Business School und beschäftigt sich darüber hinaus unter anderem mit agiler Produktentwicklung. Er richtete insbesondere den Blick auf den unternehmerischen Bezug von Hohlweins Wirken und zog Parallelen zu unserer heutigen Welt. Prof. Dr. Dr. Alexander Moutchnik ist Historiker sowie Ökonom, Professor für Medienökonomie im Studiengang Media Management und moderierte den Abend.

Hohlwein „genial“

Hohlwein wird heute als „Reklame-Gott“, großer Erfinder des künstlerischen Werbeplakats in Deutschland, „Marken-Papst“, „Werbe-Dominator“, Impulsgeber, Maler, Verpackungsdesigner, Möbeldesigner und Autor von zahlreichen Stilikonen bezeichnet. Seine Werke sind auch für Nichtfachleute leicht zu erkennen – auch ohne sein berühmtes Logo. Er hat jenseits der Kunstrevolutionen seiner Zeit wie etwa Bauhaus, Expressionismus oder Avantgarde gearbeitet. In der Diskussion wurde herausgearbeitet, dass durchaus verschiedene Phasen in seinem Wirken zu erkennen sind: vom Einsatz des Quadrats über den monochromen Plakatstil bis hin zu einer späten Phase der Verflachung durch die vielen Aufträge. Er habe sich selbst und seine Kunden stilisiert. Er habe aber auch ein Gespür dafür gehabt, sich mit dem Kunden zu erheben. So hat er die Künstlermarke LH kreiert und dies ist mit den Merchandisingprodukten seit den 70er-Jahren zu vergleichen. Es wurde der Künstler als Marke in der Kunstgeschichte beleuchtet und Parallelen gezogen sowie die Rolle der Werbe- und Kommunikationsagenturen von heute miteinbezogen.

Hohlwein „fatal“

In der Diskussion wurde nicht nur die künstlerische, sondern auch die persönliche Entwicklung Hohlweins kritisch beleuchtet. Das Werk Hohlweins prägte die Ästhetik und Ikonografie der NS-Zeit, er wurde vom Werbefachmann zum Populisten und Propagandisten. Seine Rolle war besonders fatal, da er eine Art „Influencer“ seiner Zeit war. Es ist besonders wichtig, sein Handeln und das seiner Auftraggeber in der NS-Zeit aufzuarbeiten. Die Rolle von Unternehmen auch im politischen Handeln von heute wurde betont. Die Frage, ob man ihm heute einen Straßennamen in Wiesbaden widmen könnte, wurde kontrovers diskutiert.

Die Ausstellung und Diskussion hat dazu aufgefordert, auch heutige Plakate und Werbung kritisch zu betrachten und zu hinterfragen. Abschließend wurde marketingtechnisch entsprechend - mit einem Schmunzeln - Hashtags für die Dialogveranstaltung definiert: #CI, #Markenmanagement, #touchpoints, #influencer – Hashtags, die bestimmt auch von Hohlwein heute selbst genutzt werden würden.

Die einzelnen Videos zur Diskussion werden zeitnah auf dem YouTube-Kanal von IMPACT RheinMain veröffentlicht.